Ungarns Regierungskoalition Fidesz-KDNP hat am Freitag in Budapest einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Transparenzpflichten für EU-Abgeordnete verschärfen soll.
Das geplante Gesetz verlangt von allen ungarischen Europaabgeordneten die Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse, ähnlich wie es nationale Abgeordnete bereits tun müssen.
Brisant ist eine Klausel: Verstöße gegen die Offenlegungspflicht könnten zum Mandatsentzug durch das Nationale Wahlbüro (NEO) führen.
In diesem Fall müsste der NEO-Präsident die Präsidentin des Europäischen Parlaments offiziell über den Mandatsverlust informieren.
Oppositionsführer Péter Magyar, Gründer der Tisza-Partei, behauptet, das Gesetz ziele konkret auf seine Person ab.
In einem Facebook-Post an Premier Viktor Orbán warf Magyar der Regierung vor, ein politisches „Wunderwaffe“-Gesetz gegen ihn zu entwickeln.
Aktuelle Umfragen sehen Tisza neun Prozent vor Fidesz, was den politischen Druck auf die Regierung erhöht.
Experten sehen gezielte Strategie gegen aufstrebenden Oppositionspolitiker
Politikanalyst Szabolcs Dull sieht im zeitlichen Zusammenhang und Inhalt des Entwurfs klare Hinweise auf einen Angriff gegen Magyar.
Dull kritisiert, dass der Entwurf nur für EU-Abgeordnete, nicht aber für nationale Abgeordnete Mandatsentzug vorsieht.
Er verweist auch auf laufende Ermittlungen wegen Insiderhandels gegen Magyar – ein weiteres Indiz für dessen gezielte Schwächung.
„Die Regierung will Magyar nicht zwangsläufig ausschließen, sondern sein Image nachhaltig beschädigen“, schreibt Dull in einem Newsletter.
Die Strategie: Magyar soll mit Korruptionsvorwürfen assoziiert werden, um Zweifel an seiner Integrität zu säen.
Fidesz beobachte regelmäßig die Zustimmungswerte Orbáns und sehe in Magyar eine wachsende Bedrohung, so Dull weiter.
Magyar schlägt zurück – Juristen bezweifeln Rechtmäßigkeit des Gesetzes
Im Februar begannen Ermittlungen gegen Magyar wegen eines angeblichen Aktienverkaufs im Jahr 2013, der Insiderwissen vorausgesetzt haben soll.
Laut Berichten profitierte Magyar durch den Verkauf von Opus-Aktien, bevor ein Rückkaufprogramm des Unternehmens den Kurs steigen ließ.
Magyar weist die Vorwürfe entschieden zurück und sagt, Bankdaten würden die Behauptungen widerlegen.
EU-Rechtsexperte Tamás Lattmann erklärt, dass kein EU-Mitgliedstaat je das Mandat eines Europaabgeordneten entzogen hat.
Laut EU-Recht sei ein solcher Schritt nicht mit nationalem Gesetz vereinbar und könnte vom EU-Parlament ignoriert werden.
Ein betroffener Abgeordneter könne dagegen juristisch vorgehen, was wohl in einem langwierigen Verfahren vor EU-Gerichten enden würde.
Ein Sprecher des Europäischen Parlaments lehnte eine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf ab.
Magyar konterte am Wochenende erneut via Facebook und kündigte an, sein eigenes Vermögen sowie das seiner Familie offenzulegen.
„Du kannst mir folgen, Viktor. Lass uns gemeinsam die Hosen runterlassen – einverstanden?“, schrieb er provokant.
Zudem verspottete Magyar Orbán wegen angeblicher Luxusgüter, darunter ein Privatzoo mit Zebras und eine 75.000 Euro teure Gartenanlage.
Ein Regierungssprecher wies die Vorwürfe als „unterhalb jedes Niveaus“ zurück.