Seit Beginn der russischen Invasion im Jahr 2022 wurden mehr als 100.000 ukrainische Soldaten wegen Fahnenflucht angeklagt, berichtet die Generalstaatsanwaltschaft. Die zunehmenden Desertionen belasten die Streitkräfte erheblich, erschöpfen die Truppenstärke und gefährden die Verteidigungslinien.
Erschöpfung und fehlende Perspektiven
Viele Soldaten haben die Front verlassen, geplagt von psychischen Belastungen und dem Gefühl, dass der Krieg aussichtslos sei. Einige nehmen medizinische Auszeiten und kehren nicht zurück, andere verlassen inmitten von Gefechten ihre Einheiten.
Ein Soldat beschrieb die Zustände: „Man sitzt unter ständigem Beschuss, sieht Freunde sterben und weiß, dass es einen selbst treffen kann.“ Solche Vorfälle führten unter anderem zum Verlust der strategisch wichtigen Stadt Wuhledar im Oktober, als ganze Einheiten ihre Posten aufgaben und russischen Truppen den Vormarsch erleichterten.
Belastung für die Moral und das Militär
Die Mobilisierungskampagne der Regierung hat es nicht geschafft, die Verluste auszugleichen. Viele Einheiten sind stark unterbesetzt; in einigen Fällen haben sie nur noch ein Zehntel ihrer Sollstärke.
Die Behörden versuchen, fahnenflüchtige Soldaten zur Rückkehr zu bewegen, bevor strafrechtliche Schritte eingeleitet werden. Doch viele sind psychisch schwer angeschlagen, und es fehlt an ausreichender Unterstützung. „Es gibt fast keine gesunden Menschen mehr in der Infanterie“, sagte die Anwältin Tetjana Iwanowa.
Trotz der wachsenden Herausforderungen bleibt die Armee entschlossen, das Land zu verteidigen. Ein Offizier brachte die Situation auf den Punkt: „Jeder ist einfach nur erschöpft.“ Die wachsende Zahl an Desertionen zeigt jedoch, dass dringend Maßnahmen erforderlich sind, um die Truppen zu entlasten und langfristig zu stärken.