Das Verfassungsgericht in Rumänien hat die erste Runde der Präsidentschaftswahlen für ungültig erklärt. Diese Entscheidung erfolgte nach der Veröffentlichung von Geheimdienstinformationen, die Russland beschuldigen, eine koordinierte Kampagne zur Unterstützung des rechtsextremen Kandidaten Călin Georgescu durchgeführt zu haben. Die Wahl muss komplett wiederholt werden, was eine bedeutende Herausforderung für die rumänische Demokratie darstellt.
Georgescus überraschender Wahlerfolg und Vorwürfe
Der rechtsextreme Kandidat Călin Georgescu überraschte mit einem Wahlsieg in der ersten Runde am 24. November, obwohl er vor der Wahl in Umfragen nur geringe Zustimmungswerte hatte. Er befürwortet ein Ende der rumänischen Unterstützung für die Ukraine und vertritt prorussische Positionen, die im Einklang mit den Interessen Moskaus stehen.
Geheimdienstberichte, die von Präsident Klaus Iohannis veröffentlicht wurden, enthüllten, dass Russland angeblich durch manipulierte Social-Media-Kampagnen zu Georgescus Erfolg beigetragen habe. Tausende gefälschte Konten auf Plattformen wie TikTok und Telegram hätten gezielt Inhalte verbreitet, um Georgescu zu unterstützen. Zudem hätten bezahlte Kampagnen und Algorithmen seine Bekanntheit künstlich erhöht.
Trotz dieser Enthüllungen bestritten sowohl Russland als auch TikTok jegliches Fehlverhalten. TikTok erklärte, Georgescu keine bevorzugte Behandlung gegeben zu haben. Rumänische Behörden bezeichneten die mutmaßliche Einmischung jedoch als „aggressive hybride Angriffe“ Russlands. Das Verfassungsgericht erklärte daraufhin die Wahl für ungültig und setzte die Stichwahl am 10. Dezember aus.
Politische Reaktionen und Proteste
Die Entscheidung des Gerichts sorgte für gemischte Reaktionen. Premierminister Marcel Ciolacu begrüßte den Schritt und bezeichnete ihn als notwendigen Schutz der demokratischen Integrität des Landes. Er erklärte, dass die Wahlergebnisse aufgrund der mutmaßlichen russischen Einflussnahme „offensichtlich verzerrt“ worden seien.
Elena Lasconi, Georgescus Gegnerin und Kandidatin der proeuropäischen Partei Save Romania Union, verurteilte die Entscheidung scharf. Sie nannte die Annullierung „illegal und unmoralisch“ und argumentierte, dass sie die Demokratie und das Wahlrecht der Bürger untergrabe.
Die Gerichtsentscheidung führte zu Massenprotesten in der Hauptstadt Bukarest. Tausende Menschen, darunter Künstler, Aktivisten und Mitglieder der Zivilgesellschaft, gingen bei eisigen Temperaturen auf die Straße. Sie forderten die Wahrung der Demokratie und den Verbleib Rumäniens in der europäischen Gemeinschaft. Parolen wie „Europa!“ und „Kein Faschismus“ wurden skandiert, während Transparente mit Botschaften wie „Demokratie ist in Gefahr“ hochgehalten wurden.
Auswirkungen auf die politische Landschaft
Georgescus Aufstieg reflektiert einen zunehmenden Einfluss rechtsextremer Kräfte in Rumänien. Diese Entwicklung wurde auch bei den kürzlich abgehaltenen Parlamentswahlen sichtbar, bei denen rechtsextreme Parteien erhebliche Zugewinne verzeichneten. Dennoch blieben die proeuropäischen Sozialdemokraten die stärkste politische Kraft und planen die Bildung einer Koalitionsregierung.
Ein Sieg Georgescus hätte die geopolitische Ausrichtung Rumäniens drastisch verändern können. Beobachter warnen, dass er das Land in die Nähe von Staaten wie Ungarn und der Slowakei hätte rücken können, wo rechtsextreme, prorussische Politiker bedeutenden Einfluss haben.
Eine Umfrage von AtlasIntel, durchgeführt nach der Veröffentlichung der Vorwürfe, zeigte ein knappes Rennen zwischen den Kandidaten. Lasconi führte mit 48,6 %, während Georgescu auf 46,4 % kam. Die Ergebnisse verdeutlichen die tiefe Spaltung im Land, die durch wirtschaftliche Herausforderungen und den Ukraine-Krieg noch verschärft wird.
Rumäniens Weg nach vorne
Die Regierung steht nun vor der Aufgabe, das Vertrauen in das Wahlsystem wiederherzustellen und eine transparente Wiederholung der Präsidentschaftswahl zu organisieren. Ein neuer Wahltermin muss festgelegt werden, und die Behörden müssen sicherstellen, dass ausländische Einmischung verhindert wird.
Obwohl das Präsidentenamt größtenteils repräsentativ ist, spielt es eine wichtige Rolle in der rumänischen Außenpolitik und bei der Ernennung des Premierministers. Dieser Posten ist besonders relevant, da das Parlament nach den jüngsten Wahlen stark fragmentiert ist.
Zusätzlich laufen gegen Georgescu strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche, was seine politische Zukunft weiter belastet.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Rumänien in der Lage ist, seine demokratischen Werte zu verteidigen, seine Position in der EU und der NATO zu stärken und den Herausforderungen durch externe Einflussnahme zu begegnen. Die Wiederholung der Präsidentschaftswahl könnte ein entscheidender Wendepunkt für die politische und gesellschaftliche Zukunft des Landes sein.