Seit Januar verhandeln die Molkerei Nöm und der Handelsriese Spar erneut über Preise und Lieferverträge. Der Konflikt spitzt sich zu, da ein entscheidender Vertrag ausläuft. Der Druck auf beide Seiten steigt, eine Einigung zu finden.
Ein Machtkampf mit Tradition
In der Milchwirtschaft gehören Machtkämpfe fast zur Tradition, insbesondere vor Wahlen in den Landwirtschaftskammern. Proteste von Bauern vor Supermärkten oder Drohungen der Wettbewerbsbehörde sind dabei keine Seltenheit. Im aktuellen Konflikt verweigerte Spar Ende Oktober Preiserhöhungen im zweistelligen Prozentbereich für das gesamte Nöm-Sortiment. Daraufhin stoppte die Molkerei ihre Lieferungen an Spar – zumindest für Produkte mit eigenem Markennamen. Eigenmarken werden weiterhin beliefert, aber auch dieser Vertrag läuft im Februar aus und bringt zusätzlichen Verhandlungsdruck.
Nach außen geben sich beide Seiten diplomatisch und verweisen auf die laufenden Gespräche. Hinter den Kulissen wird der Konflikt jedoch als „Operation am offenen Herzen“ bezeichnet. Ende Januar wird eine Entscheidung erwartet, da die gegenseitige Abhängigkeit beide Unternehmen zwingt, eine Lösung zu finden.
Nöm in der Zwickmühle
Finanziell steht die Nöm ohne Spar aktuell besser da. Der internationale Markt floriert, besonders Exporte nach Italien, wo Milch für Parmesan und Mozzarella stark nachgefragt wird. Rund 60 Prozent der Nöm-Milch gehen ins Ausland, und Spar trägt weniger als zehn Prozent zum Umsatz der Molkerei bei. Dennoch kann es sich kein Produzent leisten, langfristig einen der größten Vertriebspartner auf dem heimischen Markt zu verlieren.
Zusätzlich lastet Druck von Rewe auf der Nöm. Rewe, der größte Kunde der Molkerei in Österreich, toleriert keine schlechteren Konditionen als kleinere Wettbewerber. Spar wiederum hat Alternativen wie die Berglandmilch, die den Großteil ihrer Eigenmarken beliefert. Doch der Verzicht auf eine starke Marke wie Nöm würde auch Spar langfristig Nachteile bringen.
Angesichts dieser Konstellation scheint ein Ende des Konflikts absehbar. Beide Seiten sind zu abhängig voneinander, und ohne Zusammenarbeit wird es für beide ungemütlich. Für die Bauern bringt der Streit jedoch kaum Vorteile. Selbst wenn Spar ein paar Cent mehr für die Nöm-Produkte zahlt, hat das nur begrenzte Auswirkungen auf die Milchpreise.
Herausforderungen für Bauern und Tierwohl
Die Einkommen der Milchbauern bleiben trotz gestiegener Milchpreise gering, da hohe Produktionskosten die Gewinne auffressen. Milchwirtschaft wird vielerorts als Selbstausbeutung bezeichnet, besonders für kleine Betriebe, die unter wachsender Bürokratie leiden.
Ein weiteres kontroverses Thema in der Branche sind die Kosten für höhere Tierwohlstandards. Berglandmilch koppelt die Milchpreise bereits an die Haltungsform der Kühe. Die Obersteirische Molkerei folgte diesem Modell im Januar. Auch die Nöm akzeptiert nur noch Milch von Höfen mit dem AMA-Gütesiegel „Tierhaltung Plus“. Damit sind strengere Auflagen verbunden, etwa der Verzicht auf Palmöl im Futter und intensiveres Gesundheitsmonitoring.
Ob diese Maßnahmen das Wohl der Tiere tatsächlich verbessern, bleibt umstritten. Ebenso fraglich ist, ob die Konsumenten die höheren Kosten honorieren werden. Der Milchmarkt steht also nicht nur vor wirtschaftlichen, sondern auch vor gesellschaftlichen Herausforderungen.