Beate Meinl-Reisinger und die Neos haben den potenziellen Koalitionspartnern ÖVP und SPÖ zu Beginn der Verhandlungen einen Zehn-Punkte-Plan übergeben. Der Titel des Papiers lautet *”Der Rahmen für eine Reformregierung mit den Neos als Partner”*. Darin werden mehrere Schlüsselthemen für Reformen aufgeführt und Forderungen an die potenziellen Partner gestellt. Während die Neos betonen, dass dies keine „roten Linien“ sind, wird klar gemacht, dass in diesen Bereichen „Fortschritte“ erzielt werden müssen, wenn sie Teil der Regierung werden sollen.
Budget und Ausgabenkürzungen
Ein zentraler Streitpunkt in den laufenden Koalitionsgesprächen ist die Frage der Budgetkonsolidierung. Die Neos setzen sich für Einsparungen „durch ausgabenseitige Maßnahmen“ anstatt durch Steuererhöhungen ein. Diese Haltung steht im Gegensatz zur SPÖ, die eine Vermögensbesteuerung und eine Erhöhung der Körperschaftssteuer fordert. Während die ÖVP und die Neos sich in der Ablehnung neuer Steuern einig sind, bleibt die Lösung im Bereich des Budgets noch offen.
Zusätzlich zur Budgetfrage sprechen die Neos auch eine Föderalismusreform an. Sie fordern „ambitionierte Schritte in Richtung klarer Kompetenzzuteilung“ und die „Entflechtung der Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.“
Migration und Sprachkenntnisse als Voraussetzung
Im Bereich der Migrationspolitik stellen die Neos mehrere Forderungen auf. Einerseits solle „irreguläre Migration“ stärker bekämpft werden, ohne jedoch detaillierte Maßnahmen zu nennen. Andererseits fordern sie ein „modernes Einwanderungsrecht für qualifizierte Zuwanderer“. Die Neos betonen, dass die „Kenntnis der deutschen Sprache“ und die „Anerkennung unserer Werte“ als Voraussetzungen für den Zuzug priorisiert werden sollten.
Bildungsreform und Schulautonomie
Bildung ist ein zentrales Anliegen der Neos. Sie fordern eine Aufwertung des Kindergartens als erste Bildungseinrichtung und eine umfassende strukturelle Bildungsreform, die mehr Autonomie für Schulen und eine stärkere Förderung der Integration umfasst. Falls es zu einer Koalition kommt, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Bildungsministerium in die Hände der Neos fällt, da Bildung ein Kernthema der Partei ist. Die ÖVP und die SPÖ haben hingegen keine Priorität auf das Bildungsressort gesetzt.
Als mögliche Kandidaten für das Bildungsministerium werden Beate Meinl-Reisinger selbst sowie Christoph Wiederkehr genannt, der Neos-Chef in Wien und Bildungsstadtrat ist. Wiederkehr ist auch Teil der Verhandlungsgruppe zum Thema Bildung. Eine andere mögliche Kandidatin ist Neos-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre.
Transparenz und Regierungskontrolle
Im Bereich der Regierungstransparenz schlagen die Neos die Einführung eines „Regierungsmonitors“ vor. Ähnlich wie in Wien, wo ein solches System bereits existiert, wäre dies eine Online-Plattform, die die Umsetzung von Regierungsprojekten nachvollziehbar macht. Die Neos fordern zudem, dass „Postenschacher“ vermieden und eine Regierung mit Neos-Beteiligung verpflichtet wird, „Rechenschaft über Personalentscheidungen und Regierungsarbeit“ abzulegen.
Die Neos betonen auch, dass es keine „Sideletters“ geben dürfe, die Parteienförderung „beschränkt“ werden solle und ein „Dialog mit allen Bürgerinnen und Bürgern“ notwendig sei – wobei der genaue Umfang dieses Dialogs noch nicht definiert ist.
Steuererleichterungen und nachhaltige Pensionen
Die Neos fordern steuerliche Entlastungen für Arbeitnehmer sowie eine Senkung der Lohnnebenkosten. Sie setzen sich auch für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen und die Einhaltung der Emissionsziele ein. Im Bereich der Pensionen wird ein „nachhaltiges Pensionssystem“ gefordert, das die „Eigenverantwortung bei der Vorsorge für höhere Pensionen“ stärkt. Die Neos setzen sich seit langem für eine ergänzende „Aktienpension“ zur Altersvorsorge ein.
Wird es vor Weihnachten eine Einigung geben?
Die Neos gehen mit „klarer Absicht“ in die Verhandlungen und sind bereit, Teil einer reformorientierten Regierung zu werden. ÖVP, SPÖ und Neos hatten Anfang der Woche beschlossen, offiziell in Regierungsverhandlungen zu treten. Zahlreiche Untergruppen wurden bereits gebildet, um verschiedene Themen gesondert zu behandeln. Während die Verhandler insgesamt zurückhaltend optimistisch sind, gilt eine Einigung vor Weihnachten als eher unwahrscheinlich.
Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass auch Andrea Kdolsky, die ehemalige ÖVP-Politikerin und Gesundheitsministerin, für die Neos in den Regierungsverhandlungen sitzen wird. Sie bestätigte in einem Interview, dass sie an der Organisation der Verhandlungsabläufe und -cluster beteiligt ist.