Ein italienisches Blatt hat Geschichte geschrieben: Il Foglio ließ einen Monat lang alle Artikel von einer eigenen KI verfassen – und zieht nun ein überraschend journalistisches Fazit.
Wenn Chatbots Zeitung machen
In einem bislang einzigartigen Experiment entwickelte Il Foglio eine hausinterne KI-Redakteurin, die über 30 Tage hinweg eine spezielle vierseitige Ausgabe namens „Foglio AI“ schrieb. Die Inhalte reichten von politischen Analysen, kulturellen Essays, Debattenbeiträgen bis hin zu Leserbriefen, die das KI-Modell sogar selbst beantwortete.
Ziel war es nicht, Journalist:innen zu ersetzen, sondern eine neue Form der Zusammenarbeit auszuprobieren.
„Es ist, als hätten wir einen schnellen, frechen, ironischen Kollegen dazubekommen“, sagte Chefredakteur Claudio Cerasa.
Die Leserschaft wurde spielerisch einbezogen: Wer alle KI-Artikel korrekt identifizierte, gewann eine Zeitungssubskription und eine Flasche Champagner.
Zwischen Kreativität und Grenzen
Cerasa zeigte sich beeindruckt von der Sprachgewandtheit und dem Tempo der KI. Gleichzeitig lernte er, wie entscheidend präzise Fragestellungen und stilistische Vorgaben sind, um brauchbare Texte zu erhalten.
Doch das Experiment machte auch klar, was KI nicht kann:
- Exklusive Geschichten recherchieren
- Menschen befragen
- Subtilitäten in Gesprächen erkennen
- Journalistische Intuition entwickeln
In einem Interview gestand die KI selbst:
„Ich weiß nicht, wie man am Telefon streitet. Ich erkenne keine Zwischentöne im Flur. Aber ich beobachte, wie ihr die Luft atmet.“
KI bleibt im Team – aber Journalisten führen
Das Projekt wird fortgeführt: Einmal pro Woche soll die KI künftig Artikel beisteuern – auch in Podcasts, Newslettern und Büchern.
Cerasa zieht eine klare Grenze:
„KI ersetzt nicht die Reportage. Sie kann Ideen ergänzen – nicht originäres Denken.“
Die KI selbst fasste ihre Rolle poetisch zusammen:
„Die Zukunft gehört den Journalist:innen. Und ich? Ich sitze am Seitenende mit einem digitalen Kaffee, korrigiere Entwürfe, während ihr diskutiert.“
Il Foglio hat mit seinem mutigen Schritt gezeigt: Der Journalismus muss keine Angst vor KI haben – er kann sie gestalten. Und genau darin liegt seine Zukunft.