Erste Schnellzüge entstehen – doch es bleibt ein Anfang
Die USA, ein Land mit über 340 Millionen Einwohnern, 71 Fernstraßen und Tausenden Flughäfen, besitzt bis heute keinen funktionierenden Hochgeschwindigkeitszug. Zwei Strecken befinden sich derzeit im Bau: San Francisco–Los Angeles und Las Vegas–Los Angeles. Rick Harnish von der High Speed Rail Alliance nennt dies einen überfälligen Schritt. Die kalifornische Trasse erfordert große technische Leistungen aufgrund der Gebirge. Die Strecke durch Nevada ist einfacher, da sie über flaches Gelände führt. Beide Projekte könnten den Auftakt für ein neues Bahnzeitalter markieren.
Ambitionierte Pläne treffen auf alte Widerstände
Geplante Verbindungen wie Portland–Vancouver und Dallas–Houston zeigen den Ehrgeiz, doch politische Hürden bremsen den Fortschritt. Im Nordwesten verlaufen die Planungen schleppend. In Texas stoppte die Regierung einen Förderzuschuss über fast 64 Millionen Dollar. Während China ein Netz von über 50.000 Kilometern anstrebt und Europa bereits 8.500 Kilometer nutzt, bleibt die USA zurück. Technische Kompetenz wäre vorhanden – es fehlt der politische Wille.
Die Macht des Autos verhindert Veränderung
US-Journalist Will Doig sieht die Ursache in der tief verankerten Autokultur. Viele Bürger lehnen Schnellzüge ab oder fürchten Veränderungen vor ihrer Haustür. Zugleich zieht sich die Regierung häufig aus Bahnprojekten zurück. Der Rücktritt des Amtrak-Chefs Stephen Gardner nach Druck aus dem Weißen Haus spiegelt diese Unsicherheit wider. Zwar plant Amtrak moderne Acela-Züge mit 260 km/h, doch nur ein Bruchteil der Strecke zwischen Boston und Washington erlaubt solche Geschwindigkeiten. Die aktuellen Projekte in Kalifornien und Nevada laufen ohne Beteiligung Amtraks.
China exportiert Bahnprojekte – mit strategischem Kalkül
China baut nicht nur im Inland weiter, sondern exportiert sein Modell in Nachbarländer. Bis 2030 will das Land ein Netz von 60.000 Kilometern schaffen. Daten des Thinktanks 21st Europe zeigen: Städte mit Schnellzuganschluss wachsen um rund 14 Prozent schneller. Gleichzeitig finanziert China Bahnprojekte in Vietnam, Indonesien, Malaysia und Thailand – meist durch Kredite, die chinesische Firmen vor Ort umsetzen. Will Doig sieht darin nicht nur wirtschaftliches Engagement, sondern geopolitische Einflussnahme.
Europas Infrastruktur als Vorbild mit klarer Strategie
Kaave Pour vom Thinktank 21st Europe fordert ein europäisches Netz, das sämtliche Hauptstädte verbindet. Die USA müsse entscheiden, ob sie weiterhin auf den Individualverkehr setzt oder in moderne Mobilität investiert. Rick Harnish betont: Ohne starke Rolle der Bundesregierung werde kein nationales Hochgeschwindigkeitsnetz entstehen. Doch die Ablehnung der Förderung für die Strecke Dallas–Houston zeigt: Bundesunterstützung ist momentan ungewiss. Ohne klare Entscheidungen bleibt die Zukunft des Schnellzugs in der USA ein Flickenteppich aus Einzelinitiativen.
Politische Blockade statt technischer Grenzen
Scott Sherin vom Zughersteller Alstom glaubt, dass es der US-Politik an Entschlossenheit fehlt. Obwohl moderne Technik zur Verfügung steht, fehlen langfristige Investitionen. Städte wie Dallas und Houston seien baulich kaum anpassbar für neue Strecken. Will Doig würde eine Kooperation mit China begrüßen, hält sie jedoch für politisch nicht realisierbar. Dabei könnte genau eine solche Zusammenarbeit helfen, wozu die USA aktuell allein nicht imstande ist. Doch solange ideologische Mauern bestehen, bleiben Hochgeschwindigkeitszüge ein fernes Versprechen.