Der Euro und der Druck durch Zölle sowie geopolitische Unsicherheiten
Der Euro steht vor einem erneuten Zweistief, bedroht durch die Zollpolitik von Donald Trump, die divergierenden geldpolitischen Strategien und die zunehmende geopolitische Unsicherheit. Experten warnen, dass die Parität mit dem US-Dollar bereits zu Beginn des Jahres 2025 Realität werden könnte.
Parität rückt für den Euro näher
Am 10. Januar 2025 fiel der Euro erstmals seit Oktober 2022 unter die Marke von 1,03 Dollar, was den tiefsten Stand seit über einem Jahr markiert. Ein starkes US-Beschäftigungswachstum sowie die restriktive Geldpolitik der Federal Reserve stärkten den Dollar und belasteten den Euro. Ähnliche Tiefststände wurden bereits im Sommer 2022 verzeichnet, als der Euro zeitweise unter Parität fiel und auf 0,95 Dollar absackte.
Damals waren vor allem die aggressiven Zinserhöhungen der US-Notenbank, die langsame Reaktion der Europäischen Zentralbank (EZB) und die europäische Erdgaskrise ausschlaggebend. Heute kommen Trumps wirtschaftspolitische Maßnahmen – insbesondere hohe Zölle und Steuererleichterungen – als zusätzliche Belastung hinzu. Zölle auf chinesische Waren von bis zu 60 % und auf europäische Exporte von 10-20 % zählen zu den Hauptpunkten seines Programms.
Trumps Forderungen nach höheren NATO-Ausgaben und seine transatlantische Skepsis verschärfen die geopolitische Unsicherheit zusätzlich.
Zölle und wirtschaftliche Divergenzen setzen dem Euro zu
- Trumps Zölle und ihre Auswirkungen auf den europäischen Handel
Die geplanten Zölle auf europäische Waren – insbesondere Fahrzeuge und Pharmazeutika – könnten den europäischen Export erheblich belasten. 2023 exportierte die EU Waren im Wert von 502,3 Milliarden Euro in die USA, wobei Fahrzeuge, Maschinen und Chemikalien zu den Hauptprodukten gehörten. Höhere Zölle würden europäische Produkte in den USA weniger wettbewerbsfähig machen und damit die Nachfrage nach dem Euro schwächen.
Goldman-Sachs-Analyst Kamakshya Trivedi warnt, dass die Märkte häufig zu spät auf Zölle reagieren. Dies könnte den Dollar weiter stärken, sobald Trumps Zölle umgesetzt werden.
- Divergierende Strategien der Fed und EZB
Trumps Zölle und Steuersenkungen könnten die Inflation in den USA weiter anheizen, während sie in Europa das Wirtschaftswachstum bremsen. Dies würde die Geldpolitik der Fed und EZB weiter auseinanderdriften lassen.
Während die Fed wahrscheinlich hohe Zinsen zur Bekämpfung der Inflation beibehalten wird, könnte die EZB gezwungen sein, ihre geldpolitischen Maßnahmen zu lockern, um das Wirtschaftswachstum in der Eurozone zu fördern.
Analysten schätzen, dass diese Divergenz den Euro um 3 % abwerten könnte, wobei ein Rückgang von bis zu 10 % möglich wäre, falls Trumps Politik vollständig umgesetzt wird.
- Geopolitik und Energiekrise belasten zusätzlich
Die geopolitische Unsicherheit verstärkt den Druck auf den Euro. Trumps Forderung, die NATO-Ausgaben auf 5 % des BIP zu erhöhen, sowie seine zögerliche Haltung gegenüber der Ukraine haben Märkte und Investoren destabilisiert.
Zudem bleibt die Energiepolitik ein Schwachpunkt. Die europäische Abhängigkeit von US-LNG (Flüssiggas) während der Gaskrise 2022 führte zu einer höheren Nachfrage nach dem Dollar, was den Euro zusätzlich unter Druck setzte. Eine erneute Verschärfung dieser Dynamik könnte die Situation weiter verschärfen.
Ein fragiler Ausblick für die europäische Währung
Der Euro steht angesichts der Zollpolitik, der divergierenden Zentralbankentscheidungen und der geopolitischen Spannungen vor einer unsicheren Zukunft. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Euro die Parität mit dem Dollar bereits in der ersten Jahreshälfte 2025 erreicht, steigt.
Ob der Euro diesen Herausforderungen standhalten kann oder weiter fällt, wird von den politischen Entscheidungen der USA sowie von der Reaktionsfähigkeit Europas abhängen. Derzeit bleibt die Situation für den Euro angespannt.