Die Europäische Kommission hat Polens umstrittenem Plan zugestimmt, das Recht auf Asyl zeitlich begrenzt auszusetzen. Diese Maßnahme soll als Reaktion auf von Russland und Belarus gelenkte Migrationsbewegungen entlang der östlichen EU-Grenze dienen.
Sicherheitsbedrohung führt zu drastischen Maßnahmen
Die Kommission betonte, dass Mitgliedstaaten in „außergewöhnlichen Situationen“ das Asylrecht einschränken dürfen, sofern dies verhältnismäßig, zeitlich begrenzt und unbedingt notwendig ist. Dies gilt auch für andere betroffene Länder wie Finnland, das kürzlich ein Notfallgesetz zur Kontrolle der Migration eingeführt hat.
„Die Kommission klärt, wann Mitgliedstaaten zu außergewöhnlichen Maßnahmen greifen können“, sagte Henna Virkkunen, Vizepräsidentin der Kommission für Sicherheit und Demokratie. Sie fügte hinzu, dass jede Einschränkung innerhalb rechtlicher Grenzen erfolgen müsse.
Noch im Oktober hatte die Kommission Polens Vorschlag kritisiert und Warschau an seine Pflicht erinnert, Asylanträge zu bearbeiten. Doch Premierminister Donald Tusk überzeugte beim EU-Gipfel viele Staatschefs, dass die Maßnahme notwendig für die nationale Sicherheit sei. Die anschließenden Gipfelerklärungen unterstützten diese Sichtweise: „Außergewöhnliche Situationen erfordern angemessene Maßnahmen.“
Sorge vor dauerhafter Aussetzung der Rechte
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisierten die Maßnahme scharf. Sie bezeichneten sie als „offenkundig rechtswidrig“ und warnten vor möglichen Verstößen gegen internationales Recht.
Die neuen Leitlinien erlauben Ausnahmen, setzen jedoch voraus, dass der Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (Non-Refoulement) eingehalten wird. Dieser Grundsatz verbietet es, Migranten in Länder zurückzuschicken, in denen ihnen Verfolgung oder Misshandlung droht. Die Kommission vermied jedoch eine klare Aussage darüber, ob eine Rückführung nach Belarus gegen dieses Prinzip verstoßen würde.
Ein Bericht von Human Rights Watch dokumentierte, dass polnische Grenzschützer Asylsuchende gewaltsam zurückdrängten. Nach ihrer Ausweisung erlitten die Betroffenen Misshandlungen durch belarussische Beamte.
Kritiker befürchten, dass Maßnahmen, die als „Ausnahme“ eingeführt werden, leicht zu einem dauerhaften Zustand führen können. Olivia Sundberg von Amnesty International erklärte, die Kommission scheine zögerlich, solche Praktiken zu unterbinden. „Wir erleben eine Normalisierung des Ausnahmezustands an den europäischen Grenzen“, sagte Sundberg.
Die Leitlinien zeigen einen deutlichen Kurswechsel in der Migrationspolitik der EU und verdeutlichen den Einfluss rechter Sicherheitsprioritäten auf die Politikgestaltung.