EU AI Liability Directive: Die Europäische Kommission hat die KI-Haftungsrichtlinie aus ihrem Arbeitsprogramm 2025 gestrichen, da die Verhandlungen ins Stocken geraten sind.
Trotz dieser Entscheidung sprach sich der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des Europäischen Parlaments am Dienstag dafür aus, die Arbeiten an der Haftungsregelung für künstliche Intelligenz fortzusetzen. Die Kommission wollte den Vorschlag zurückziehen, doch IMCO-Abgeordnete setzen sich für die Fortführung der Debatte ein.
Ein Sprecher des Parlaments bestätigte, dass politische Fraktionskoordinatoren darauf hinarbeiten, die Richtlinie nicht von der Agenda verschwinden zu lassen. Der Rechtsausschuss (JURI), der die Parlamentsarbeit in diesem Bereich leitet, hat allerdings noch keine Entscheidung getroffen.
Kommission schließt Weiterarbeit nicht aus, aber zieht sich zurück
In ihrem Arbeitsprogramm für 2025 begründete die Europäische Kommission die Streichung der KI-Haftungsrichtlinie mit einer fehlenden Aussicht auf Einigung. Sie stellte jedoch klar, dass das Thema weiter bearbeitet werden könnte, wenn Parlament und EU-Rat sich darauf verständigen.
Die Kommission hat signalisiert, dass sie die Richtlinie fallen lassen will, doch eine offizielle Rücknahme des Vorschlags liegt bisher nicht vor.
Die KI-Haftungsrichtlinie wurde 2022 parallel zum KI-Gesetz vorgeschlagen, das künstliche Intelligenz nach ihrem Risikopotenzial regulieren soll. Das KI-Gesetz soll bestehende Vorschriften modernisieren und einen europaweit einheitlichen Verbraucherschutz schaffen.
Politische Uneinigkeit über den weiteren Kurs – EU AI Liability Directive
Die Streichung der Richtlinie hat unter den EU-Abgeordneten unterschiedliche Reaktionen ausgelöst.
Axel Voss, der deutsche Abgeordnete, der die Richtlinie im Parlament begleitet, kritisierte die Entscheidung als „strategischen Fehler“. Sein Parteikollege Andreas Schwab von der Europäischen Volkspartei hingegen unterstützte den Rückzug des Vorschlags.
Schwab argumentierte, dass zunächst das KI-Gesetz in der Praxis umgesetzt werden müsse. „Die Gesetzgebung muss erst einmal wasserdicht sein“, erklärte er. „Wir sollten uns jetzt auf das KI-Gesetz konzentrieren und die Haftungsregeln in zwei Jahren überprüfen.“
Abgeordnete der Mitte-Links-Fraktion lehnten den Schritt der Kommission ab. Marc Angel, der für den italienischen Abgeordneten Brando Benifei, Mitberichterstatter des KI-Gesetzes, sprach, bezeichnete den Rückzug als „enttäuschend“.
„Harmonisierte Regeln hätten für Fairness gesorgt und Verbrauchern Klarheit verschafft, wenn KI-Systeme Schaden verursachen“, so Benifei.
Kim van Sparrentak (Grüne) schloss sich der Kritik an. Ihrer Meinung nach zeige die Entscheidung „mangelndes Verständnis“ für den ursprünglichen Zweck der Richtlinie. „Es geht nicht darum, Unternehmen zu gängeln – es geht darum, Verbraucher und KMU zu schützen“, sagte sie.
Industrie und Verbraucherschutzverbände bleiben uneinig
Die Reaktionen aus Wirtschaft und Verbraucherschutzorganisationen fielen unterschiedlich aus.
Tech-Industrievertreter argumentieren, dass die aktualisierte Produkthaftungsrichtlinie (PLD) bereits alle relevanten Haftungsfragen abdeckt. Verbraucherschützer hingegen fordern zusätzliche Vorschriften und begrüßen die geplante KI-Haftungsrichtlinie.
Eine Studie des Forschungsdienstes des Europäischen Parlaments, die im Januar im Rechtsausschuss (JURI) präsentiert wurde, zeigte potenzielle Lücken in der PLD auf. Große Sprachmodelle wie ChatGPT und Claude.ai könnten demnach nicht vollständig unter bestehende Haftungsregelungen fallen, was rechtliche Unsicherheiten schafft.