Ein Erdbeben der Stärke 6,2 hat am Mittwoch Istanbul und mehrere Regionen im Nordwesten der Türkei erschüttert. Mehr als 230 Menschen wurden verletzt, viele von ihnen durch Panikreaktionen. Trotz der Stärke des Bebens blieb die Zahl der Schäden relativ gering, wie Behörden mitteilten.
Epizentrum im Marmarameer – Erschütterungen bis nach Izmir
Das Beben ereignete sich um 12:49 Uhr Ortszeit und hatte sein Zentrum im Marmarameer, rund 40 Kilometer südwestlich von Istanbul. Die US-Erdbebenwarte (USGS) registrierte eine Tiefe von nur 10 Kilometern, was die Erschütterungen besonders spürbar machte.
Neben Istanbul war das Beben auch in umliegenden Städten wie Tekirdağ, Yalova, Bursa und Balıkesir deutlich zu spüren. Selbst in der weit entfernten Stadt Izmir, etwa 550 Kilometer südlich, wurden leichte Erschütterungen gemeldet.
Laut Innenminister Ali Yerlikaya dauerte das Hauptbeben etwa 13 Sekunden. Danach kam es zu über 100 Nachbeben – das stärkste davon mit einer Magnitude von 5,9.
Verletzte meist durch Panik, nicht durch Einsturz
Nach offiziellen Angaben wurden 236 Personen verletzt, überwiegend durch Stürze oder Sprünge aus Angst vor einstürzenden Gebäuden. Schwere Zerstörungen blieben aus.
Umweltminister Murat Kurum erklärte, es seien 378 Meldungen über Gebäudeschäden eingegangen. Zwölf Häuser wurden vorsorglich geräumt. Lediglich ein baufälliges, leerstehendes Gebäude im Stadtteil Fatih stürzte ein.
Die Behörden forderten die Bevölkerung auf, potenziell beschädigte Gebäude zu meiden. Als Notunterkünfte wurden Moscheen und Sporthallen geöffnet.
Istanbul gilt weiterhin als besonders gefährdet
Fachleute warnen seit Jahren, dass Istanbul mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft von einem schweren Erdbeben getroffen werden könnte. Aktuellen Berechnungen zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit eines Bebens mit einer Stärke von 7 oder mehr bis 2030 bei rund 64 Prozent.
Dass sich das Beben an einem Feiertag – dem Tag der Nationalen Souveränität und des Kindes – ereignete, könnte dazu beigetragen haben, dass viele Menschen sich im Freien befanden und schwerere Verletzungen vermieden wurden.
Präsident Erdoğan bittet um Vorsicht und Zusammenhalt
Präsident Recep Tayyip Erdoğan äußerte sich bei einer Gedenkveranstaltung zum Feiertag beruhigend zur Lage: „Gott sei Dank gibt es keine schweren Schäden.“ Er sprach den Wunsch aus, dass das Land von weiteren Katastrophen verschont bleiben möge.
Nach den katastrophalen Beben im Februar 2023 mit mehr als 53.000 Toten hat die türkische Regierung groß angelegte Bauprogramme gestartet, um gefährdete Gebäude zu verstärken und baufällige Strukturen zu beseitigen. Ziel ist es, die Widerstandsfähigkeit gegen zukünftige Erdbeben deutlich zu erhöhen.