Appetitzügler wirken nicht nur körperlich, sondern auch seelisch stabilisierend
Forschende der Universität Bern haben herausgefunden, dass Gewichtsreduktionsmedikamente wie Semaglutid (bekannt unter den Namen Ozempic oder Wegovy) nicht nur beim Abnehmen helfen, sondern auch Stimmung, Wohlbefinden und Lebensqualität steigern können – deutlich stärker als Insulin und andere Antidiabetika.
Positive Effekte auch bei schweren psychischen Erkrankungen
Die Analyse zeigte, dass GLP-1-Rezeptoragonisten nicht mit erhöhter psychischer Belastung oder Einweisungen in psychiatrische Kliniken verbunden sind. Im Gegenteil: In fünf Studien verbesserten sie das mentale Wohlbefinden von Menschen mit Schizophrenie, Depressionen oder bipolaren Störungen. Auch bei psychisch gesunden Erwachsenen übertrafen sie klassische Diabetesmedikamente in puncto psychischer Gesundheitsverbesserung.
Entzündungshemmende Wirkung könnte psychischen Nutzen erklären
Studienleiterin Dr. Sigrid Breit vermutet, dass die antientzündlichen und antioxidativen Eigenschaften der Medikamente eine antidepressive und angstlösende Wirkung entfalten könnten. Diese Effekte würden auch neuroinflammatorische Prozesse im Gehirn mindern – ein möglicher Faktor vieler psychischer Erkrankungen.
Übergewicht trifft psychisch Erkrankte besonders häufig
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen leiden dreimal häufiger an Fettleibigkeit. Die neuen Erkenntnisse könnten deshalb helfen, dieser Hochrisikogruppe gezielt zu helfen. Dr. Ed Beveridge vom Royal College of Psychiatrists betont, dass Betroffene bei Eignung vorrangig Zugang zu Semaglutid erhalten sollten – mit enger medizinischer Begleitung.
Fachleute mahnen: Medikamente sind keine Dauerlösung
Rachel Hastings-Caplan von der Organisation Rethink Mental Illness begrüßt die Studienergebnisse, warnt jedoch vor zu hohen Erwartungen. Für sie bleibt Semaglutid ein kurzfristiger Ansatz. Sie fordert mehr Investitionen in neue Therapieformen, die psychische Erkrankungen lindern, ohne körperliche Nebenwirkungen zu verschlimmern.
Außerdem müsse der Einsatz der Medikamente ärztlich überwacht werden, insbesondere bei Menschen mit Essstörungshintergrund. Die körperliche Gesundheit psychisch Erkrankter werde oft vernachlässigt – dabei sterben Betroffene im Schnitt 20 Jahre früher, meist an vermeidbaren Krankheiten wie Diabetes.
Die Ergebnisse wurden auf dem Europäischen Adipositas-Kongress in Málaga, Spanien vorgestellt und untermauern den zunehmenden Nachweis, dass GLP-1-basierte Medikamente über den Gewichtsverlust hinaus gesundheitlich wertvoll sein können.