Zielgerichtete Kombinationstherapie überzeugt in Großstudie
Eine großangelegte klinische Studie im Vereinigten Königreich hat eine bahnbrechende Behandlungsoption für chronische lymphatische Leukämie (CLL) hervorgebracht. Statt auf klassische Chemotherapie zu setzen, wurde eine Kombination zweier zielgerichteter Medikamente getestet – mit beeindruckendem Erfolg. Die Ergebnisse der sogenannten FLAIR-Studie wurden nun im New England Journal of Medicine veröffentlicht und beim Europäischen Hämatologiekongress in Mailand vorgestellt.
Die Studie wurde an 96 onkologischen Zentren in ganz Großbritannien durchgeführt und von Forschenden der Universität Leeds geleitet. Insgesamt nahmen 786 unbehandelte CLL-Patienten teil. Sie erhielten entweder eine klassische Chemotherapie, das Medikament Ibrutinib allein oder eine Kombination aus Ibrutinib und Venetoclax. Die Behandlung wurde individuell angepasst, basierend auf molekularen Bluttests.
Deutlich bessere Langzeitwirkung durch neue Therapie
Nach fünf Jahren waren 94 % der Patienten mit der Kombinationsbehandlung ohne Fortschreiten der Krankheit am Leben. Zum Vergleich: Bei Ibrutinib allein waren es 79 %, bei klassischer Chemotherapie nur 58 %. Auch im Knochenmark ließen sich nach zwei Jahren bei 66 % der Kombinationspatienten keine Krebszellen mehr nachweisen – bei Ibrutinib alleine waren es 0 %, bei Chemotherapie 48 %.
Ibrutinib hemmt Signalwege, die das Wachstum von Krebszellen ermöglichen. Venetoclax wiederum blockiert ein Protein, das für das Überleben der Leukämiezellen essenziell ist. Die Kombination zeigte sich nicht nur wirksamer, sondern wurde auch besser vertragen als die herkömmliche Therapieform.
Individuelle Behandlung auf dem Vormarsch
Dr. Talha Munir, leitender Studienarzt am Leeds Teaching Hospitals NHS Trust, erklärte: „Die FLAIR-Studie markiert einen Meilenstein. Wir konnten zeigen, dass eine Therapie ohne Chemotherapie nicht nur effektiver, sondern auch verträglicher ist.“ Mit dieser personalisierten Behandlung nähere man sich einer neuen Ära der Präzisionsmedizin.
Bedeutung für die klinische Praxis und Patientenerfahrungen
Dr. Iain Foulkes von Cancer Research UK, einer der Geldgeber der Studie, betonte: „Diese Ergebnisse eröffnen neue, gezieltere Behandlungswege für CLL. Sie bedeuten für viele Betroffene wertvolle zusätzliche Zeit mit ihren Angehörigen.“
Etwa 4.000 Menschen erkranken jährlich im Vereinigten Königreich an CLL, der häufigsten Form von Leukämie im Erwachsenenalter. Die Krankheit beeinträchtigt das Immunsystem, indem sie die weißen Blutkörperchen angreift.
Eine der Teilnehmerinnen, Catherine Whitfield (63) aus Farnley, war 2018 diagnostiziert worden. „Nach drei Jahren Behandlung bin ich MRD-negativ – es wurden keine Krebszellen mehr gefunden“, sagte sie über ihren Behandlungserfolg.
Die Studie gilt als wegweisend und könnte künftig die Standardtherapie für CLL verändern.