Prominente Empfehlung sorgt für Aufsehen
Die ehemalige TV-Moderatorin Meghan McCain, bekannt aus der Talkshow „The View“, veröffentlichte kürzlich auf sozialen Netzwerken einen Post, in dem sie ein sogenanntes „Entgiftung“-Präparat empfahl – angeblich zur Einnahme nach einer Covid-19-Impfung oder -Infektion. Das Mittel, das McCain bewarb, kostet 89,99 Dollar. Es behauptet, Spike-Proteine zu „zerstören“ und die Zellabwehr sowie die Entgiftung des Körpers „einzigartig zu unterstützen“.
Fachleute für Impfstoffe halten solche Aussagen für wissenschaftlich unhaltbar. Virologin Dr. Angela Rasmussen von der Vaccine and Infectious Disease Organization der Universität Saskatchewan stellte klar: „Es gibt nichts zu entgiften. Die Impfstoffe enthalten keine Giftstoffe. Sie sind nicht schädlich.“
Obwohl McCain ihren ursprünglichen Beitrag auf der Plattform X löschte, funktionierte ihr personalisierter Rabattcode auf der Website des Herstellers – „The Wellness Company“ – weiterhin. Weder McCains Sprecher noch das Unternehmen reagierten auf Anfragen.
Wissenschaftliche Fakten widerlegen Falschbehauptungen
In einem weiteren Beitrag äußerte McCain Zweifel an mRNA-Impfstoffen. Sie sprach von „beunruhigenden Daten“ und berichtete von Bekannten mit gesundheitlichen Problemen nach der Impfung. Ein von ihr geteiltes Video behauptete sogar, Bestandteile der Impfstoffe könnten dauerhaft im Körper verbleiben und das Erbgut verändern.
Experten widersprechen dem vehement. Dr. William Schaffner vom Vanderbilt University Medical Center erklärte: Die mRNA enthalte die Anleitung zur Herstellung eines Teils des Spike-Proteins des Virus. Der Körper bilde daraufhin eine Immunantwort. Die enthaltene mRNA sei in winziger Menge vorhanden und werde vom Körper sehr schnell abgebaut. Sie könne sich nicht im Körper ausbreiten oder verteilen – daher bestehe keine Notwendigkeit zur Entgiftung.
Rasmussen ergänzte, die mRNA sei so instabil, dass sie durch eine kleine Modifikation im Impfstoff etwas länger halte – bleibe aber dennoch nur kurzzeitig im Körper. Auch die Lipid-Nanopartikel, welche die mRNA in die Zellen schleusen, würden rasch zerlegt – meist sogar noch schneller als die mRNA.
Schaffner vermutete, dass manche Menschen bereits durch den Begriff „Spike-Protein“ verunsichert seien. Würde man stattdessen von einem „Schlüssel-Protein“ sprechen, das wie ein Schlüssel in ein Schloss passe, könnte das eventuell weniger Angst hervorrufen.
Falsche Informationen als Geschäftsmodell
Rasmussen ist überzeugt, dass viele falsche Informationen gezielt verbreitet werden. Verantwortlich dafür seien unter anderem Persönlichkeiten aus der Trump-Regierung, die Impfstoffe diskreditierten und fragwürdige Mittel bewarben. „Das ist keine Fehlinformation, sondern gezielte Desinformation. Die Urheber wissen genau, was sie tun“, sagte sie.
Dr. Pieter Cohen, Mediziner an der Harvard Medical School, kritisierte die laxen Regeln für Nahrungsergänzungsmittel in den USA. Anders als Medikamente müssen diese weder zugelassen noch getestet werden. Hersteller dürfen weitgehend frei werben. Cohen sieht in der Impfkritik eine ideale Verkaufsstrategie: „Man erfindet ein Gesundheitsproblem und bietet direkt die Lösung an – in Form eines Supplements.“
Cohen bezweifelte zudem, dass überhaupt jemand klar definieren könne, was „Entgiften von einem Impfstoff“ bedeuten solle. „Will man die Wirkung loswerden, die das Immunsystem stärkt? Oder geht es um eine diffuse Angst vor angeblichen Impfschäden?“
Er sprach von gezielter Panikmache zur Profitmaximierung. Auch wenn Impfstoffe, wie jedes medizinische Produkt, Nebenwirkungen haben könnten, seien diese in der Regel harmlos und schnell vorbei. „Kein Nahrungsergänzungsmittel kann diese schneller lindern“, sagte er.
Überwachungssysteme funktionieren – Impfstoffe bleiben sicher
Die mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 haben sich laut Studien millionenfach als sicher und wirksam erwiesen. Zwar forderte die US-Arzneimittelbehörde FDA seit Mai auf, die Packungsbeilagen mit Informationen über seltene Herzmuskelentzündungen zu erweitern. Doch Untersuchungen zeigten, dass das Risiko für solche Erkrankungen durch eine Covid-19-Infektion deutlich höher ist als durch die Impfung.
Schaffner betonte, dass Probleme mit einem Impfstoff durch das nationale Überwachungssystem erkannt würden – wie im Fall des Johnson & Johnson-Impfstoffs, der wegen eines seltenen Blutgerinnungsproblems vom Markt genommen wurde. „Das System funktioniert“, sagte Schaffner. „Die mRNA-Impfstoffe gelten als sicher – das bestätigen Millionen von Anwendungen.“
Was jedoch wirklich gefährlich sei, sei die Flut an Falschinformationen. Diese verunsichere Menschen und verleite sie dazu, fragwürdige Mittel einzunehmen. Rasmussen forderte: „Diese Desinformation muss entschieden bekämpft werden. Sie ist moralisch verwerflich.“
