Die EU plant, Industrieemissionen mit CO₂-Abscheidung und -Speicherung (CCS) massiv zu senken.
Sie will bis 2030 jährlich 50 Millionen Tonnen CO₂ speichern und bis 2040 auf 280 Millionen steigern.
Dafür muss sie die vorhandene Infrastruktur erheblich erweitern.
Aktuell arbeiten in Europa nur fünf CCS-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 2,7 Millionen Tonnen pro Jahr.
Davon verarbeitet Norwegen, ein Nicht-EU-Land, über 60 Prozent.
Beim Verfahren fangen Anlagen CO₂ auf, verflüssigen es und leiten es per Schiff oder Pipeline in unterirdische Speicher.
Laut WWF verdrängt diese einseitige Förderung von CCS wichtige Investitionen in erneuerbare Energien und Effizienzmaßnahmen.
In der Zementbranche fließt fast jede EU-Förderung ausschließlich in CCS statt in CO₂-sparende Verfahren.
Reporter untersuchten drei EU-geförderte Projekte – Northern Lights, Pycasso und Callisto.
Sie deckten hohe Kosten, knappe Transportmittel und unrealistische Zielvorgaben auf.
Projekt Northern Lights kämpft mit knapper Kapazität
Das Projekt Northern Lights soll noch dieses Jahr starten und will 1,5 Millionen Tonnen CO₂ speichern.
Shell, Equinor und TotalEnergies betreiben das Vorhaben mit ersten Emissionen von Yara, Orsted und Heidelberg Materials.
Zwei Spezialschiffe mit je 8.000 Tonnen Ladekapazität transportieren das verflüssigte CO₂ zur Küste bei Øygarden.
Von dort gelangt es über eine 100-Kilometer-Pipeline in Nordsee-Speicherstätten.
Wood Mackenzie schätzt Transport- und Lagerkosten auf 145 Dollar pro Tonne.
Laut IEA kostet die Abscheidung bei Ammoniak rund 30 Dollar pro Tonne.
Yara müsste so jährlich bis zu 178 Millionen Euro zahlen – fast so viel wie der gesamteuropäische Gewinn 2023.
Northern Lights ließ zwei weitere Schiffe bauen, doch der Ausbau deckt den Bedarf noch nicht.
Schon kleinere Verzögerungen durch Wetter oder Defekte könnten Zeitpläne gefährden.
Nach jeder Entladung müssen die Tanks gründlich mit trockenem CO₂ gespült werden.
Diese Reinigung verteuert das Verfahren und verlangsamt die Abläufe zusätzlich.
Projekt Callisto scheitert an Kosten und Transportwegen
Callisto will ein CCS-Netzwerk rund um das Mittelmeer schaffen.
Eni, Snam und Air Liquide bündeln dafür ihre Kräfte.
Das Projekt plant Pipelines für italienisches CO₂ und Schiffstransport für französische Emissionen.
Die Route führt um ganz Italien bis zur Adriaküste.
Der Bau spezieller Leitungen und Schiffe verursacht hohe Kosten.
Die CO₂-Abscheidung verteuert sich zusätzlich durch diese komplexe Logistik.
Aktuell zahlen Emittenten im Emissionshandelssystem (ETS) rund 80 Euro pro Tonne – zu wenig für Wirtschaftlichkeit.
Roberto Bencini von der EU sagte: „Transport über große Entfernungen macht CCS untragbar teuer.“
ETS-Preise schwanken stark, was Investitionen unsicher macht.
„Kein Unternehmen investiert ohne garantierten Mindestpreis für 15 Jahre“, erklärte Eadbhard Pernot vom ZEP-Netzwerk.
Nur CCS-Projekte mit garantierten Differenzverträgen überleben diese Unsicherheit.
Ohne feste Preise bleibt die CCS-Zukunft riskant und teuer.