Forscher haben entdeckt, dass Tierkot dazu beitragen könnte, bedrohte Arten zu retten. Einige darin enthaltene Zellen sind noch lebendig und könnten helfen, die genetische Vielfalt bestimmter Spezies zu erhalten.
Wie Kot zur Arterhaltung beitragen kann
Die Idee klingt ungewöhnlich: Tierkot könnte als genetische Ressource dienen, um gefährdete Arten zu schützen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Exkremente nicht nur unverdaute Nahrung und Bakterien enthalten, sondern auch lebende Zellen des Tieres, das sie hinterlassen hat. Diese Zellen stammen aus der Darmschleimhaut und könnten für die Erhaltung der biologischen Vielfalt genutzt werden.
„Es ist noch sehr früh in der Forschung, aber bisher sind die Ergebnisse vielversprechend“, sagt Prof. Suzannah Williams von der Universität Oxford, die das Projekt leitet. Ihr Team konnte bereits lebende Zellen aus Mäuse- und Elefantenkot isolieren.
Das Ziel dieser Methode, bekannt als „genetische Rettung“, ist es, die genetische Vielfalt innerhalb von Populationen zu erhöhen. Dadurch könnten gefährdete Arten eine bessere Chance haben, sich an Umweltveränderungen anzupassen und zu überleben.
Forscher könnten DNA aus den lebenden Zellen analysieren, um die genetische Variation innerhalb einer Population zu verstehen. Falls es gelingt, diese Zellen im Labor zu kultivieren, eröffnen sich noch größere Möglichkeiten.
Zukunftsvision: Nachwuchs aus Tierkot
Wenn sich Zellen aus Kot im Labor vermehren lassen, könnten Forscher moderne Reproduktionstechniken einsetzen, um neue Tiere zu erschaffen. Eine Möglichkeit wäre das Klonen. Dabei wird der Zellkern einer isolierten Zelle in eine entkernte Eizelle eingesetzt und durch elektrische Impulse aktiviert. Anschließend würde das entstandene Embryo in eine Leihmutter eingesetzt, um eine genetisch identische Kopie des ursprünglichen Tieres zu erschaffen.
Noch vielversprechender ist die Aussicht, die Zellen so umzuprogrammieren, dass sie sich in Ei- und Samenzellen verwandeln. Erste Forschungen an Mäusen zeigen, dass dies möglich ist. Dadurch könnten Wissenschaftler Nachwuchs durch künstliche Befruchtung erzeugen, ohne dass sich die Tiere physisch begegnen müssen.
„Auf diese Weise könnten wir die genetische Vielfalt erhalten, ohne einzelne Tiere einfangen oder ihr Sperma und ihre Eizellen sammeln zu müssen“, erklärt Dr. Ashlee Hutchinson von der Organisation Revive & Restore, die das Projekt finanziert.
Zudem könnte diese Technik helfen, Gene zu untersuchen, die für die Anpassung an Umweltbedingungen oder für Krankheitsresistenz verantwortlich sind. Durch gezielte Genanalysen oder Gen-Editing ließen sich möglicherweise robustere Populationen züchten.
Herausforderungen und Kritik an der Methode
Obwohl die Idee revolutionär klingt, gibt es noch viele Hindernisse. Die Forscher müssen große Mengen an Kot verarbeiten, um genug lebende Zellen zu gewinnen. Zudem enthält Kot nicht nur Tierzellen, sondern auch eine enorme Menge an Bakterien, die die Arbeit erschweren.
„Wir arbeiten daran, die Bakterien durch Verdünnung zu entfernen und die Tierzellen in einer Lösung mit Antibiotika und Antimykotika zu kultivieren“, erklärt Williams.
Ein weiteres Problem ist, dass viele Tierarten kaum erforscht sind. Daher könnte sich die Methode zunächst nur auf gut dokumentierte Arten beschränken.
Einige Experten sind skeptisch. Paul De Ornellas, leitender Berater für Wildtierwissenschaften bei WWF UK, betont, dass Prävention der beste Schutz für Arten sei.
„Der beste Weg, Arten zu erhalten, ist es, zu verhindern, dass sie überhaupt in eine kritische Lage geraten“, sagt er. „Neue Technologien bieten zwar interessante Möglichkeiten, aber sie werden das Grundproblem nicht lösen.“
Dr. David Jachowski, Experte für Wildökologie an der Clemson University, ergänzt: „Die Erhaltung der genetischen Vielfalt ist wichtig, aber sie reicht nicht aus. Es bringt nichts, neue Tiere zu erschaffen, wenn ihr Lebensraum weiterhin bedroht ist.“
Das Forschungsteam der „Poo Zoo“ hält dagegen: Beide Ansätze könnten parallel genutzt werden.
„Niemand sagt, dass wir aufhören sollten, Lebensräume zu schützen oder klassische Artenschutzmaßnahmen aufzugeben“, betont Dr. Rhiannon Bolton vom Chester Zoo. „Aber angesichts der dramatischen Lage müssen wir alle verfügbaren Werkzeuge nutzen.“