Angesichts explodierender Strompreise erwägt Norwegen, seine Energieexporte nach Europa einzuschränken. Dieser Schritt hat eine hitzige politische Debatte ausgelöst und könnte sowohl die nationale Energiepolitik als auch die europäischen Märkte beeinflussen.
Empörung über steigende Stromkosten
Norwegens Energieminister Terje Aasland bezeichnete die aktuelle Lage als eine „absolut beschissene Situation“, berichtete die Financial Times. Derzeit sind die Strompreise in Norwegen sechsmal höher als der europäische Durchschnitt, was zu wachsendem Unmut in der Bevölkerung führt.
Als Reaktion darauf plant die regierende Koalition, die Stromleitungen nach Dänemark nicht zu erneuern, wenn die Verträge 2026 auslaufen. Die kleinere Koalitionspartei, die Zentrum-Partei, fordert zudem eine Überprüfung der Energieabkommen mit dem Vereinigten Königreich und Deutschland.
Warum steigen die Strompreise in Norwegen?
Obwohl Norwegen hauptsächlich auf Wasserkraft setzt, stammen etwa 10 % des Stroms aus Windenergie, die aus Europa importiert wird. Ein Mangel an Windstrom in Deutschland und der Nordsee, gepaart mit kaltem Wetter in Norwegen, hat die europäischen Strompreise nach oben getrieben – mit Auswirkungen auf Norwegen.
In Süd-Norwegen stiegen die Strompreise auf 13 Kronen (1,12 €) pro Kilowattstunde, während der EU-Durchschnitt bei 0,1867 € pro Kilowattstunde liegt. Im Gegensatz dazu profitieren die nördlichen Regionen Norwegens weiterhin von günstigem Strom aus Wasserkraft.
Forderungen nach Vorrang für nationale Energieversorgung
Kritiker fordern, dass Norwegen zuerst den eigenen Energiebedarf deckt, bevor Strom exportiert wird. Diese Praxis war jahrzehntelang üblich, doch die jüngste Preisexplosion hat die Debatte um eine Rückkehr zu dieser Politik neu entfacht.
Obwohl Wettervorhersagen einen Rückgang der Strompreise aufgrund besserer Windverhältnisse in Europa ankündigen, hat die aktuelle Krise den politischen Druck erhöht.
Energiekrise prägt den politischen Diskurs
Die hohen Strompreise dominieren die politische Agenda vor den nächsten Wahlen. Die Arbeitspartei kündigte an, die „Dänemark-Kabel“ nicht zu verlängern, um die Kontrolle über die heimischen Strompreise zurückzugewinnen. Are Tomasgard von der Arbeitspartei sagte: „Es ist außer Kontrolle geraten, und wir werden diese Kontrolle wieder übernehmen.“
Überprüfung der Energieabkommen mit Großbritannien und Deutschland
Die Zentrum-Partei drängt darauf, die Energieexportabkommen mit dem Vereinigten Königreich und Deutschland neu zu verhandeln. Diese Vorschläge werden auf dem Parteitag der Arbeiterpartei im April 2025 diskutiert.
Auswirkungen auf Europas Energiemarkt
Norwegen ist der größte Erdöl- und Erdgasproduzent Westeuropas und spielt eine Schlüsselrolle in der europäischen Energieversorgung. Obwohl Norwegen kein EU-Mitglied ist, beteiligt es sich am europäischen Binnenmarkt für Energie und verfügt über wichtige Stromverbindungen mit dem Kontinent.
Sollte Norwegen seine Energieexporte einschränken, könnte dies zu Versorgungsengpässen in Europa führen und die norwegische Energiepolitik langfristig verändern.