Die Europäische Kommission und die Mercosur-Länder haben am Freitag den Abschluss eines Freihandelsabkommens bekannt gegeben. Dieses bahnbrechende Abkommen schafft eine Handelszone, die 780 Millionen Menschen umfasst. Das Abkommen muss jedoch noch von den EU-Mitgliedstaaten genehmigt werden.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gab dies während eines Gipfels in Uruguay bekannt. Sie lobte das Abkommen als „ehrgeiziges und ausgewogenes Abkommen“ und bezeichnete es neben seinen wirtschaftlichen Vorteilen als „politische Notwendigkeit“. Uruguays Präsident Luis Lacalle Pou betonte, dass das Abkommen eine Chance darstelle, und mahnte, dass Wohlstand Anstrengungen und keine magischen Lösungen erfordere.
Die Unterhändler beider Regionen schlossen das Abkommen in Montevideo nach mehr als 20-jährigen Gesprächen ab. Das Abkommen, das ein großes Wirtschaftsgebiet abdeckt, sieht die Abschaffung von Zöllen auf Waren wie Wein, Käse, Autos und Kleidung vor, während für sensible Produkte wie Rindfleisch, Geflügel und Zucker Quoten eingeführt werden. Es bedarf jedoch der Zustimmung aller 27 EU-Mitgliedstaaten sowie des Europäischen Parlaments.
Gespaltene Reaktionen unter den EU-Mitgliedstaaten
Die Befürworter des Abkommens, allen voran Deutschland und Spanien, sehen darin einen Weg zu neuen Märkten und Einfluss in Lateinamerika angesichts der steigenden chinesischen Investitionen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete das Abkommen als einen Schritt in Richtung Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit, während der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez versprach, sich für die Ratifizierung des Abkommens einzusetzen.
Der Widerstand gegen das Abkommen ist nach wie vor groß, vor allem in Frankreich, das Verbündete gesucht hat, um die Zustimmung zu blockieren. Polen hat sich dieser Koalition angeschlossen, und Italien hat seine Unterstützung von Schutzmaßnahmen für Landwirte abhängig gemacht. Irland, die Niederlande und Österreich haben ebenfalls Zweifel geäußert und signalisieren, dass die Ratifizierung eine Herausforderung darstellt.
Um auf die Bedenken einzugehen, hob die Kommission die in das Abkommen aufgenommenen Umweltschutzmaßnahmen hervor, darunter die Verpflichtung, die illegale Abholzung in den Mercosur-Ländern zu stoppen. Die Bestimmungen erlauben es jeder Partei, das Abkommen auszusetzen, wenn gegen diese Standards verstoßen wird. Ein über sieben Jahre gestaffelter Ansatz für sensible Importe soll die EU-Märkte vor Störungen schützen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sieht sich mit dieser Entwicklung einer heiklen politischen Situation gegenüber. Seine Regierung lehnt das Abkommen unter Berufung auf Umwelt- und Agrarbedenken ab. Macron steht nun vor der doppelten Herausforderung, die französische Haltung zu dem Abkommen aufrechtzuerhalten und gleichzeitig seine Regierung wieder aufzubauen, nachdem die Regierung von Premierminister Michel Barnier diese Woche zusammengebrochen ist.
Für die Befürworter stellt das Abkommen einen wirtschaftlichen Meilenstein dar. Für Kritiker symbolisiert es eine potenzielle Bedrohung für die europäischen Landwirte und die Umweltziele. Beide Seiten warten nun auf den Ratifizierungsprozess, der über das endgültige Schicksal des Abkommens entscheiden wird.