Sechs Kandidaten traten vor dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments an, um Unterstützung für das Amt des EU-Bürgerbeauftragten zu gewinnen. Sie vertraten Österreich, Portugal, Estland, die Niederlande und Italien und versuchten, Emily O’Reilly zu ersetzen, die über ein Jahrzehnt lang Untersuchungen zu Missständen in der EU-Verwaltung geleitet hat.
Die Kandidaten präsentierten bei ihren Anhörungen unterschiedliche Ideen. Reinier van Zutphen aus den Niederlanden hob die Rolle des Bürgerbeauftragten bei der Behandlung von Bedenken der Bürger über die EU-Politik hervor. Die Portugiesin Teresa Anjinho sprach sich für eine Aktualisierung des EU-Gesetzes zur Informationsfreiheit aus, während der Italiener Marino Fardelli eine Smartphone-App vorschlug, mit der die Bürger Fälle verfolgen können, und dem Ombudsmann Sanktionsbefugnisse einräumen wollte.
Trotz einiger kreativer Vorschläge blieben politische Zusagen Mangelware. Die meisten Kandidaten betonten die Kontinuität der Amtszeit von O’Reilly, die von den Abgeordneten für ihre Leistungen gelobt wurde. Die Diskussionen konzentrierten sich eher auf den Umgang mit einzelnen Beschwerden als auf Gesetzesänderungen. Versuche, die Kandidaten in Kontroversen zu verwickeln, wie z.B. die Verhandlungen über den Impfstoffvertrag mit Pfizer, wurden meist vermieden.
Unterschiedliche Hintergründe, gemeinsame Ziele
Die Kandidaten boten eine Mischung aus Erfahrung. Van Zutphen, Anjinho und Fardelli sind bereits als nationale Ombudsleute tätig, während andere einzigartige Perspektiven einbringen. Emilio De Capitani aus Italien verwies auf 25 Jahre Erfahrung in der parlamentarischen Verwaltung der EU und in der Förderung der Transparenz. Julia Laffranque aus Estland, Richterin am Obersten Gerichtshof, betonte ihre Arbeit mit dem EU-Betrugsbekämpfungsamt. Die österreichische UN-Beraterin Claudia Mahler stellte ihre fehlende EU-Erfahrung als eine neue Perspektive dar.
Obwohl politische Neutralität erwartet wird, spielt die Politik unweigerlich eine Rolle. Die Kandidaten müssen sich die Unterstützung der Fraktionen des Parlaments sichern. Einige, wie Laffranque, behaupten, parteiübergreifend attraktiv zu sein. Andere, wie Anjinho, wurden wegen ihrer früheren politischen Zugehörigkeit kritisch beäugt, betonten aber ihre Unparteilichkeit und ihre beruflichen Leistungen.
Bei den Anhörungen, die hauptsächlich auf Englisch stattfanden, zeigte sich, dass die Kandidaten den EU-Jargon beherrschten. Wie Laffranque jedoch anmerkte, besteht die Aufgabe des Bürgerbeauftragten auch darin, die Kluft zwischen den EU-Institutionen und den Bürgern zu überbrücken. Der nächste Ombudsmann wird vor der Herausforderung stehen, diese Verbindung sinnvoll zu gestalten und gleichzeitig die Komplexität der EU-Governance zu bewältigen.