Ein Schiedsgericht hat der OMV im Rechtsstreit mit dem russischen Gasriesen Gazprom einen Schadenersatz in Höhe von 230 Millionen Euro zuzüglich Zinsen und Kosten zugesprochen. Der Betrag wird mit den Zahlungsverpflichtungen der OMV gegenüber Gazprom Export im Rahmen des österreichischen Liefervertrags verrechnet. Diese Entscheidung könnte zu einer Unterbrechung der russischen Gaslieferungen führen, doch die OMV zeigt sich gut vorbereitet.
Die OMV hat in den letzten Monaten ihre Gasversorgung diversifiziert und bezieht mittlerweile Gas aus Norwegen und Flüssiggas (LNG), um die Abhängigkeit von Russland zu verringern. Zudem sind die Gasspeicher des Unternehmens zu über 90 Prozent gefüllt, sodass eine mögliche Unterbrechung der Lieferungen weniger gravierende Folgen haben würde. Die OMV versichert, dass sie ihre vertraglich zugesicherten Gasmengen an die Kunden auch im Falle einer Lieferunterbrechung durch Gazprom Export weiter garantieren kann.
Der Rechtsstreit zwischen der OMV und Gazprom begann nach unregelmäßigen Lieferungen und der gänzlichen Einstellung der Gaslieferungen im September 2022, insbesondere nach Deutschland. Das Schiedsgerichtsurteil wird dazu beitragen, den finanziellen Schaden des Unternehmens aus dem Jahr 2022 auszugleichen. Sollte Gazprom in Reaktion auf den Schadenersatz die Lieferungen stoppen, rechnet die OMV mit nur geringen einmaligen Verlusten durch Hedging, die jedoch vom Schadenersatz deutlich überkompensiert werden. Potenziell wären Gaslieferungen von bis zu 5 TWh pro Monat betroffen.
Für die OMV könnte dies die Gelegenheit sein, den Bezug von russischem Gas endgültig zu beenden. Bereits im Juli erklärte OMV-Chef Alfred Stern, dass das Unternehmen nicht mehr auf russisches Gas angewiesen sei und den Bezug stark reduziert habe. Zwar könne die OMV aufgrund eines langfristigen Liefervertrags noch nicht aus dem Vertrag aussteigen, doch eine Einstellung der Lieferungen durch Gazprom würde das Unternehmen aus diesem Vertrag entlassen. Sollte ab Jahreswechsel kein russisches Gas mehr durch die Ukraine fließen, würde Gazprom seine vertraglichen Verpflichtungen verletzen, und die OMV könnte den Gasbezug aus Russland endgültig stoppen. Das Szenario einer vollständigen Aussetzung der russischen Gaslieferungen nach Österreich ist inzwischen weniger beängstigend.